Krankheitskosten und Behinderten-Pauschbetrag absetzen

22.04.2015
Krankheitskosten zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag geltend machen

Fallen die Krankheitskosten höher als der Behinderten-Pauschbetrag aus, ist es sinnvoll die tatsächlichen Ausgaben geltend zu machen.

Menschen mit Behinderung sind im täglichen Leben meist auf Hilfe angewiesen. Wer nicht das Glück hat, von Angehörigen versorgt zu werden, muss auf Pflegedienste und andere Dienstleister zurückgreifen, um den Alltag zu organisieren.

Die Aufwendungen für die Hilfe bei gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens soll der Behinderten-Pauschbetrag abdecken. Darunter fallen insbesondere die Notfallbereitschaft eines ambulanten Pflegedienstes, die Krankenpflege, die Zubereitung und das Servieren von Mahlzeiten, der Wäscheservice und die Reinigung der Wohnung.

Für Steuerpflichtige kann es jedoch sinnvoll sein, die tatsächlich nachgewiesenen Ausgaben gemäß § 33 EStG anzusetzen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Ausgaben nach Abzug aller Erstattungen höher ausfallen als der Pauschbetrag (§ 33b EStG) und zusätzlich die sogenannte zumutbare Eigenbelastung übersteigen.

Um Krankheitskosten abzusetzen, sind Nachweise nötig

Um alle weiteren um Erstattungen reduzierten Krankheitskosten zusätzlich zum Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung abzusetzen, sind folgende Nachweisvoraussetzungen zu beachten:

Liegt eine vor Behandlungsbeginn ausgestellte Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vor, werden Zuzahlungen

  • zum Krankenhausaufenthalt,
  • zum Zahnersatz,
  • zu Brillen und Kontaktlinsen, Hörgeräten, orthopädischen Einlagen und Schuhen
  • sowie Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw mit 0,30 Euro je Kilometer

anerkannt.

Weitere anerkannte Kosten für Heilmittel und Heilmaßnahmen

Wurde vor Beginn der Heilmaßnahme oder vor dem Erwerb von medizinischen Heilmitteln ein Gutachten des Amtsarztes oder des medizinischen Dienstes der Krankenkasse ausgestellt, werden Ausgaben für folgende Leistungen anerkannt:

  • Bade- oder Heilkuren
  • psychotherapeutische Behandlungen
  • Betreuung durch eine Begleitperson
  • wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden
  • Hilfsmittel, die als Gegenstände des täglichen Lebens auch von Gesunden benutzt werden (z. B. Betten, Dusch- und Badewannen, Dusch-, Badewannen- und Toilettensitze).

Außerdem werden mit Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes Besuchsfahrten anerkannt, die wesentlich zur Heilung beitragen.

Auch Umbaumaßnahmen sind abzugsfähig

Liegt ein entsprechender Bescheid der Krankenkasse, der Renten- oder Pflegeversicherung vor, sind beim Umbau oder Neubau eines Hauses auch durch die Behinderung bedingte Baumaßnahmen begünstigt. Auch der Einbau eines Treppenliftes (BFH v. 6.2.2014 VI R 61/12), eines behindertengerechten Badezimmers und einer Küche oder die Verbreiterung von Türen, die Beseitigung von Türschwellen und der Einbau von Rollstuhlrampen sind absetzbar.

Ausgaben für den behindertengerechten Umbau eines Pkws sind ebenfalls als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Zusätzlich können geh- und stehbehinderte Menschen private Fahrten mit dem eigenen Pkw mit 0,30 Euro je Kilometer geltend machen.

Nicht immer ist ein Nachweis nötig

Bei einem Behinderungsgrad (= GdB) von mindestens 80 Prozent oder von mindestens 70 Prozent und dem Merkzeichen G werden 3.000 km zu 0,30 Euro je Kilometer, also 900 Euro, Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastungen im Jahr ohne Nachweis anerkannt. Bei Merkzeichen aG, Bl, oder H sind es bis zu 15.000 Kilometer im Jahr, also ein Betrag von 4.500 Euro, wobei die gesamte Jahres-Fahrleistung nachzuweisen ist (z. B. anhand von Werkstattrechnungen).

Verfassungsmäßigkeit der „zumutbaren Belastung“ strittig

Alle um die Erstattungen reduzierten Ausgaben werden als außergewöhnliche Belastung anerkannt, soweit sie die gesetzlich festgelegte und dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigen (§ 33 Abs. 3 EStG). Strittig ist jedoch, ob die zumutbare Belastung verfassungskonform ist. Die Steuerbescheide sind in diesem Punkt vorläufig, der Steuerpflichtige muss nichts unternehmen.

Unbedingt Belege sammeln

Gudrun Steinbach, Vorstand der Lohi, empfiehlt: „Betroffene sollten alle Belege über Krankheitsausgaben des laufenden Jahres sammeln. Außerdem sollten sie alle Fahrten mit dem eigenen Pkw zum Arzt, zur Apotheke oder zum Krankenhaus in einer Aufstellung notieren, die den Tag, das Ziel und die jeweils gefahrenen Kilometer ausweist. Werkstattrechnungen belegen die insgesamt gefahrenen Kilometer im Jahr.“